„Was können digitale Nachrichtenredaktionen vom TV-Programm lernen?“, fragte ich bei den Editorial Days von Kordiam. Die Antwort liegt in den Nutzungsmustern.
Die Planung beginnt mit Daten
Die Daten zeigen, dass die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer nicht nur nach Stunden, sondern auch nach Wochentagen variieren. Morgens gibt es ein Bedürfniss nach Artikeln mit Tiefgang, Mittags ist ein schnelles Update gewünscht und Abends Inspiration. Montags sind leichtere Geschichten gefragt, während die Nutzer zur Wochenmitte harte Nachrichten suchen. Am Freitagnachmittag steigt die Nachfrage nach Inhalten für die Wochenendplanung – klassischer help-me-Content.
Bei der Planung geht es nicht darum, Platz zu füllen, sondern Verlässlichkeit zu schaffen
Bei der inhaltlichen Planung geht es nicht darum geht, Zeitungsseiten oder Apps zu füllen. Es geht darum, Inhalte zum richtigen Zeitpunkt zu liefern und auf die Bedürfnisse des Publikums abzustimmen. Das bedeutet nicht, dass jede Stunde geplant werden muss. Aber es bedeutet, dass man sorgfältig darüber nachdenkt, was die Nutzer in bestimmten Momenten zu sehen erwarten. Genau wie es die traditionellen Fernsehsender tat: Eine Show am Samstagabend, Nachrichten jeden Abend um 20 Uhr.
Anleihen beim Fernsehen ohne Sendebeschränkungen
Nachrichten um 20 Uhr sind kein Zufall. Es ist eine Gewohnheit, die sich im Laufe der Zeit entwickelt hat. Im digitalen Bereich ist die Gewohnheitsbildung schwieriger, aber nicht weniger wichtig. Sie erfordert Konsistenz und Relevanz, damit die Nutzer wissen, wann und wo sie das finden, was sie interessiert. Eine kluge Planung macht aus einem Strom von Inhalten ein verlässliches Erlebnis. Eine gute Push-Strategie ist dabei ganz entscheidend, damit die geplanten Inhalte funktionieren, und die Nutzung zum Ritual wird.
Wie Redaktionen die Erkenntnisse praktisch umsetzen können
Wenn wir über die Planung sprechen, dann ist dabei eine Kategorie immer ausgenommen: Breaking News. Diese passieren, wenn sie passieren. Und sie sind damit der einzige Inhalt, der nicht planbar ist.
Erfolgreiche Newsrooms entwickeln einen Sendeplan und strukturieren den Tag danach. Ein Planungstool, welches den Sendeplan abbildet, hilft bei der Umsetzung. Während morgens Hintergrundanalysen und mehrteilige Recherchen das Informationsbedürfnis stillen, dominieren mittags kurze News-Updates. Abends stehen Service-Artikel und inspirierende Inhalte im Fokus. Diese Struktur wird durch wiederkehrende Formate verstärkt – etwa ein „Morgen-Briefing“ um 7 Uhr, „Mittags-Updates“ um 12 Uhr oder „Abend-Inspiration“ um 19 Uhr schaffen Habitualisierung beim Publikum.
Moderne Content-Management-Systeme und Analytics-Tools unterstützen RedakteurInnen dabei, diese Veröffentlichung umzusetzen. Dabei geht es nicht um starre Pläne, sondern um flexible Frameworks: Die bewährte 80/20-Regel reserviert 80 Prozent für geplante Inhalte, die Verlässlichkeit schaffen, während 20 Prozent für spontane Entwicklungen offenbleiben. So entsteht aus datengetriebenen Erkenntnissen eine praktikable Redaktionsstrategie, die sowohl Planbarkeit als auch journalistische Aktualität gewährleistet.
Media Time als Schlüssel-KPI: Warum Verweildauer über den Erfolg der Planung entscheidet
Der Erfolg der Planung und Content-Strategien lässt sich mit spezifischen KPIs messen. Die Media Time eignet sich auch hier als entscheidende Kennzahl. Media Time ist definiert als die Zeit, die ein Nutzer in einem Angebot verbringt – eine sehr einfache, aber mächtige KPI, die deutlich aussagekräftiger ist als Metriken wie Klicks oder Page Views. Durch die Planung sollte sich die Media Time der NutzerInnen erhöhen. Durch die Kombination mit der Push-Strategie sollten außerdem Nutzungspeaks in den Kernzeiten entstehen.
Studien von DRIVE zeigen: Die Conversion-Wahrscheinlichkeit erhöht sich um das 130-fache, wenn die Media Time um 10 Minuten pro Woche steigt. Die Kündigungs-Wahrscheinlichkeit halbiert sich, wenn die Media Time um 10 Minuten pro Woche steigt. Während früher Conversion-Raten im Fokus standen, rückt heute die langfristige Nutzerbindung in den Mittelpunkt. Darauf zahlt auch die gute Planung ein. Denn als weitere Metrik sollte auch die Retention steigen und die Zahl der Artikelaufrufe pro Session ebenfalls. Alles Metriken, die für eine regelmäßige Nutzung und weniger Churn sprechen.
Ergänzende KPIs wie Session Duration, Return Visitor Rate und Time-of-Day Engagement helfen dabei, die Wirksamkeit der Planungsstrategien zu bewerten. Redaktionen bauen so stabile Abo-Beziehungen auf.
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